Heute erscheint unser zweiter Gastartikel ein Erfahrungsbericht über die Einführung von Beikost auf einem etwas anderen Wege mit Baby-led weaning, bei dem das Kind vornehmlich entscheidet, was es isst - eine tolle Ergänzung/Alternative für Breiverweigerer, mäkelige Kinder oder einfach solche, die Lust am Experimentieren haben. Vielen Dank an Annett!
Wenn ihr auch mal Lust habt, einen Gastartikel über ein Thema zu schreiben das Euch am Herzen liegt und der thematisch und qualitativ gut in unseren Blog passt, dann meldet Euch - entweder über das Kontaktformular unten auf der Seite oder per E-Mail an squeennow [ät] gmail.com :-).
Wenn ihr auch mal Lust habt, einen Gastartikel über ein Thema zu schreiben das Euch am Herzen liegt und der thematisch und qualitativ gut in unseren Blog passt, dann meldet Euch - entweder über das Kontaktformular unten auf der Seite oder per E-Mail an squeennow [ät] gmail.com :-).
„Und - fütterst du schon zu?“

Unsere Tochter hat es uns von Beginn an sehr einfach gemacht - sie trank unmittelbar nach der Geburt aus der Brust, hatte den absoluten Plan, wie das funktioniert und so wurde uns schnell klar, das werden wir eine Weile so handhaben. Einfach praktisch! Als ich nach sieben Wochen wieder arbeiten ging, nahm unsere Kleine wie selbstverständlich das Fläschchen in meiner Abwesenheit und die Brust, wenn sie wieder zur Verfügung stand. So einfach ist das?
So lebten wir die ersten vier Monate, ohne uns um die Ernährung unseres Kindes sorgen zu müssen. Und dann - BAAANG!!! Meine Hebamme bot mir sehr freundlich die Teilnahme an einem Beikostkurs an, Freundinnen hatte gute Tipps auf Lager, meine Eltern „erzählten“, wie es früher gehandhabt wurde, und je mehr ich hörte und las, umso unsicherer wurde ich.
Man muss dazu sagen, dass ich von berufswegen (Heilpädagogin) schon viel mit Babys und Kleinkindern zu tun habe. Es war selbstverständlich, dass diese mit Breien jeglicher Form gefüttert wurden - zum Teil bis in ein bedenklich hohes Alter. Auch in den (Berufs-)Familien erlebte ich alle erdenklichen Szenarien rund ums (Nicht)Essen. Eine innere aber sehr laute Stimme in mir riet mir, es anders zu machen. Aber wie??? Ein Baby muss doch Brei essen. Alle tun das. Und, wie soll‘s auch anders gehen? Schließlich geht doch ohne Zähne gar nichts anderes.
Aber aus irgendeinem Grund war ich mir sicher - bei meinem Kind wird das anders laufen! War es die Angst von mir, an Beikostplänen zu versagen? Oder der innere Abwehr, meinem Kind einfach etwas fremdbestimmt in den Mund zu stecken? Oder meine „schlechte“ Angewohnheit, ständig Dinge auf ihre Sinnhaftigkeit zu hinterfragen? Es war wohl die Mischung aus allem, die mich nach einer Alternative suchen ließ.
Aber ich bestellte mir das Buch - mit irgendetwas musste ich in meiner Verzweiflung ja beginnen. Schließlich wurde unser Baby immer älter und steuerte munter, propper und wohlmuttermilchgenährt auf seinen sechsten Lebensmonat zu. Jetzt wurde es ernst. Alle Babys um uns herum waren schon seit zwei Monaten im Breichenpflichtprogramm und wurden nur noch drei bis viermal täglich mit der Brust oder der Flasche gefüttert.
Da lag es nun, das Buch! Auf dem Einband ein fröhlich aussehendes Baby mit einer Paprika in der Hand. Und plötzlich war mir klar - das wollen wir auch! Ein Kind, das gerne gesund isst, Freude am Experimentieren hat, selbstbestimmt entscheidet. Obwohl, darf es das überhaupt?
Ich fing an zu lesen, und bereits in der Einleitung wurde klar, dass ich das richtige Buch in der Hand halte: „…Was würde passieren, wenn sie ihr Baby entscheiden ließen, wann und wie es mit dem Verzehr von fester Nahrung beginnt? Was würde geschehen, wenn es „richtiges“ Essen vorgesetzt bekäme, statt gefüttert zu werden? Mit anderen Worten: Was wäre, wenn sie ihrem Baby die Führung überließen?
Und genauso taten wir es. Das Buch beschreibt mit tollen Erklärungen und Praxisbeispielen, wie BLW funktionieren kann. Es macht sehr deutlich, dass es eigentlich (außer den Sicherheitsregeln) keine Regeln gibt. Die Tipps und Tricks sind absolut hilfreich. Trotz vieler wissenschaftlicher Hintergrundinformationen ist das Buch gut lesbar und wird durch die Erfahrungsberichte toll aufgelockert.
Wir können noch immer von den Grundinformationen unglaublich profitieren und das Essen so gestalten, wie es für uns und unsere Tochter am praktikabelsten ist. Inzwischen ist unser Kind neun Monate alt und ein echter „Profi“ in Sachen Lebensmittelkenntnisse. Sie bekommt noch immer hauptsächlich ihre geliebte Muttermilch, nimmt aber zweimal täglich an einer Mahlzeit teil: In der Tagespflegegruppe nascht sie aus ihrer Brotdose (das Mittagessen verpennt sie dort regelmäßig) und am Nachmittag gibt’s mit Mama einen kleinen Snack. Gegessen wird, was die Vorräte so hergeben: Gemüse in gedünsteter Form, frisches Obst, Nudeln, Reis, Avocado (wegen der wertvollen Fette), Tofu und verschiedenstes Fleisch. Es macht Spaß ihr dabei zuzuschauen. Jedes Stück wird mindestens einmal wieder aus dem Mund geholt, um es nochmals genauer zu betrachten. Was nicht schmeckt, wird wie selbstverständlich neben den Teller gelegt oder auf den Boden fallen gelassen. Es amüsiert uns immer wieder in ihrem Gesicht zu sehen, wenn sie eine neue Erkenntnis gewinnt (z. B. Kumquats sind echt sauer, Banane glibscht herrlich durch die Finger, zu viele Rindergulaschstücken verhindern das Kauen und Leberwurst lässt sich vom Brot trennen).
Angst vor dem Verschlucken? Unnötig, wenn man die Sicherheitsregeln beachtet und etwas Kenntnis über den Würgereflex hat. Totaler Schmierkram und damit mehr Arbeit? Das Gegenteil ist der Fall. Meine wenigen Versuche, ihr einen Brei anzubieten(alle komplett verweigert) endeten in einer Riesensauerei. Fingerfood ist eine recht saubere Angelegenheit. Mit wenigen Handgriffen und nur einem Tuch sind Kind und Essplatz wieder sauber!
Neben dem Vorteil, dass unser Kind bereits mehr Lebensmittel ausprobiert hat, als viele andere Kinder in dem Alter, hat sie auch sehr schnell die Handhabung der einzelnen Komponenten erlernt. Auge-Hand-Koordination und „Pinzettengriff“ werden super trainiert. Das Zahnfleisch wird bei jeder Mahlzeit wunderbar massiert, was besonders beim Zahnen recht angenehm zu sein scheint.
Unser Baby hat inzwischen zwei süße kleine Zähnchen und einen irren Spaß diese zum Essen zu benutzen. Wir alle sind unglaublich entspannt, weil wir wissen, dass sie mit der Muttermilch alles bekommt, was sie braucht und somit dürfen wir zusammen die tolle Erfahrung machen. ESSEN MACHT SPAß! Das Buch ist ein Muss, wenn Fingerfood die Wahl ist!
Viel Freude beim Lesen, Ausprobieren und gemeinsamen Essen wünscht euch
© Annett
![]()
Zum Thema Beikost und Baby-led weaning sind bei uns im Blog außerdem erschienen:
Beikost - Ab wann kann und ab wann soll man etwas anderes als (Mutter)Milch anbieten?
Probleme mit der Beikost - Warum manche Babys husten, würgen und erbrechen, wenn sie Brei essen und was man als Eltern dagegen tun kann
Baby-led weaning und Fingerfood - Wie man Beikost breifrei gestalten kann
© Annett

Zum Thema Beikost und Baby-led weaning sind bei uns im Blog außerdem erschienen:
Beikost - Ab wann kann und ab wann soll man etwas anderes als (Mutter)Milch anbieten?
Probleme mit der Beikost - Warum manche Babys husten, würgen und erbrechen, wenn sie Brei essen und was man als Eltern dagegen tun kann
Baby-led weaning und Fingerfood - Wie man Beikost breifrei gestalten kann