Ich hatte ja schon im Artikel über die besten Bücher über Kinder schon beiläufig erwähnt, dass ich so ziemlich alles lese, was mir diesbezüglich in die Hände gerät. Eine unserer Leserinnen empfahl mir das Buch "Geborgene Babys" von Julia Dibbern. Als ich das Verlagsprogramm so durchblätterte, fiel mir das Buch "Das Attachment Parenting Buch - Babys pflegen und verstehen" von Willam und Martha Sears ins Auge - beide Bücher stellte mir der tologo-Verlag freundlicherweise für eine Rezension zur Verfügung. Mit dieser Rezension erhaltet ihr gleichzeitig einen kurzen Einblick in das Thema Attachment Parenting.
Was ist eigentlich Attachment Parenting?
Dieser Frage werde ich noch einen ausführlichen Artikel widmen - daher beschränke ich mich an dieser Stelle auf eine kurze Zusammenfassung: Attachment Parenting (AP) ist ein Erziehungsansatz, bei dem es darum geht, die Signale des Babys zu lesen und auf diese angemessen zu reagieren. Im Vordergrund steht es, eine starke Bindung zum Kind aufzubauen, um dessen Vertrauen in sich selbst und seine Bezugspersonen so zu stärken, so dass es ein hohes Maß an Selbstsicherheit entwickelt und mitfühlend auf seine Umwelt reagiert.
Die stark bindungsorientierte Zuwendung ist zwar in den ersten Lebensmonaten zunächst sehr aufwändig - das dabei gewachsene Urvertrauen führt jedoch dazu, dass sich das Zusammenleben - auch später - sehr harmonisch gestaltet.
Ich selbst bin vor knapp 2 Jahren durch Alfie Kohns"Liebe und Eigenständigkeit" darauf gestoßen, dass meine bis dahin praktizierte Erziehung zwar den gängigen Idealen und Empfehlungen entspricht, aber alles andere als kindgerecht ist. Mir wurde klar, dass wir heutzutage viel zu viel Wert auf das Funktionieren und Gehorchen legen und dabei aus den Augen verloren haben, dass Kinder von Grund auf kooperativ sind und gar nicht aktiv geformt werden müssen. AP ist die "natürliche" Erziehung - sie wird vor allem in Naturvölkern praktiziert und würde von allen gelebt werden, die nicht den Einflüssen der Umwelt und der Wissenschaft ausgesetzt werden - denn letztendlich heißt AP nichts anderes als: Nimm Dein Kind an, wie es ist und begleite es liebevoll, während Du grundsätzlich davon ausgehst, dass Dein Kind "gut" ist.
Das Buch
Das Buch besteht aus dreizehn Kapiteln. Ich möchte diese im Folgenden kurz zusammenfassen:
Miteinander verbunden werden - Wie sie es schaffen
Im ersten Kapitel gibt es eine Einführung zu den Grundlagen des AP. Um die Signale des Babys besser zu verstehen und angemessen darauf reagieren zu können, gibt es verschiedene "Tools". In der Übersetzung werden diese "Werkzeuge" genannt - ich würde sie eher als "Hilfsmittel" oder "Instrumente" bezeichnen. Das sind im Einzelnen: Bonding nach der Geburt, Stillen, Tragen, gemeinsames Schlafen, der Glaube an das Weinen, Gleichgewicht und Grenzen und Vorsicht vor Babytrainern (wie man hier erkennt - die Übersetzung ist stellenweise leider nicht ganz so gelungen ;-).
Sears betont dabei, dass diese Instrumente manchmal aus persönlichen oder familiären Gründen nicht umfassend angewendet werden können - AP sei aber dennoch möglich. Es komme lediglich darauf an, dass man das Beste aus seiner Situation und den Umständen macht.
Der Nutzen des Attachment Parenting
Bei diesem Artikel erkennt man die amerikanische Herkunft des Buches - etwas marktschreierisch wird darauf eingegangen, warum AP sinnvoll ist und welche Vorteile es hat. Ich bin von dem Konzept ja schon vollkommen überzeugt, so dass ich unsicher bin, wie das jemand liest, der sich zum ersten Mal damit befasst. AP macht Kinder klüger und gesünder - AP führt dazu, dass Babys besser gedeihen und sich besser benehmen. Es fördert Vertrautheit, Empathie und Zusammenarbeit. Klingt teilweise etwas gewagt - inhaltlich sind die Argumentationen aber vollkommen nachvollziehbar und decken sich mit meinen eigenen Erfahrungen.
Was Attachment Parenting nicht ist
Leider gibt es immer wieder Missverständnisse in Bezug auf das AP. Daher stellt Sears in diesem Kapitel klar, was AP eben nicht bedeutet. Es geht beispielsweise nicht darum, Kindern vorbehaltlos alles zu geben, was sie fordern. Vielmehr geht es darum zu unterscheiden, was sind Wünsche und was sind echte Bedürfnisse. Das Kind steht bei dieser Erziehungsform nicht im alleinigen Mittelpunkt - maßgeblich sind stets die Bedürfnisse aller. Es wird lediglich gewichtet: Wessen Bedürfnis kann am wenigsten aufgeschoben werden? Die der Neugeborenen grundsätzlich nicht - aber mit steigendem Alter ist dem Kind durchaus Frustration oder Wartezeit zuzumuten. Ziel ist also keine liberale Erziehung, bei der das Kind tut, was es will und die Eltern dies in ein einem Märtyrertum begleiten, sondern dass die Bedürfnisse aller Familienmitglieder berücksichtigt werden.
Bonding bei der Geburt und darüber hinaus
In diesem Kapitel wird erklärt, warum die ersten Stunden nach der Geburt so wichtig für Mutter und Kind sind. Es enthält zahlreiche Tipps, wie man den Aufbau der Bindung in den ersten Wochen erleichtern kann und auch, wie der Vater dabei gut eingebunden wird. Außerdem ist das Wochenbett Thema - und welche Rolle Unterstützung, Ernährung und Ruhe spielen.
Stillen
Die meisten AP-Mütter versuchen, ihre Kinder zu stillen. In diesem Kapitel geht es um die Vorteile des Stillens und es gibt einige Tipps, wie die Stillbeziehung erfolgreich wird. Sears stellt auch fest, dass es manchmal harte Arbeit ist und manche scheitern werden - aber selbst ohne Stillen kann man eine tiefe Beziehung zum Kind aufbauen. Auch für die Flaschenfütterung gibt es einige Tipps. Es wird außerdem kurz auf das Langzeitstillen eingegangen.
Das Baby tragen
Das Tragen ist das zentrale "Instrument" des AP. Nach einer kurzen Einführung, wie man richtig trägt, wird thematisiert, warum es unsere Babys motorisch und sprachlich fördert. Tragen erleichtert außerdem das Stillen und führt dazu, dass wir viel besser in der Lage sind, auf die Signale des Kindes zu reagieren - dadurch verringert sich die Schreidauer deutlich. Außerdem führt Tragen dazu, dass wir im Alltag deutlich weniger eingeschränkt sind, weil Ausgehen und Reisen in der Regel deutlich unproblematischer ist, als mit dem Kinderwagen. Es tolles Plädoyer für das Tragen, durch das deutlich wird, dass Tragetücher mittlerweile kein Ökoding mehr sind, sondern im Grunde zur Grundausstattung gehören sollten.
Glaube an die Signalwirkung des Weinens
In diesem Abschnitt des Buches geht es darum, dass es elementar wichtig ist, auf das Schreien eines Babys unverzüglich zu reagieren. Wichtig ist es, immer wieder daran zu denken, dass Weinen Kommunikation und nicht Manipulation ist. Es geht um das Schreiverhalten allgemeint und um - Sears nennt sie 24-Stunden-Babys - Babys, die sehr ausgeprägte Bedürfnisse haben und diese rund um die Uhr kundtun. Die Kernaussage ist: Lass das Baby niemals alleine Weinen - egal, was auch immer dir vorgeschlagen wird.
Gemeinsam mit dem Baby schlafen
Das Familienbett vereinfacht es enorm, die Bedürfnisse des Kindes früh zu erkennen und führt in der Regel dazu, dass Mutter und Kind (und meist auch der Vater) deutlich besser schlafen, als wenn das Kind im eigenen Kinderzimmer gebettet wird. Es wird erklärt, dass gemeinsamer Schlaf zu einer Synchronisation der Schlafphasen von (stillender) Mutter und Kind führt und auch ein Schutz vor dem plötzlichen Kindstod bietet - wenn eine Reihe von Empfehlungen beachtet wird. Außerdem geht es um die Entwöhnung von nächtlichen Dauerstillern.
Gleichgewicht und Grenzen
Attachment Parenting wird häufig fälschlicherweise beschrieben mit "grenzenloser Erziehung", die allein auf das Kind zentriert ist. Dem ist überhaupt nicht so - beim AP geht es drum, die Bedürfnisse aller Familienmitglieder zu berücksichtigen. In diesem Kapitel wird zum einen erklärt, was man tun kann, wenn die eigenen Bedürfnisse im ersten Lebensjahr des Babys zu kurz kommen und zum anderen, wo die Grenze des "Verziehens" beginnt und wie man dem entgegenwirken kann.
Hüten Sie sich vor Babytrainern
Babytrainer (diese Übersetzung - furchtbar ;-) - sind alle diejenigen, die der Meinung sind, dass sich ein Kind in das vorhandene Leben der Eltern einpassen müsse. Also diejenigen, die erstaunt fragen: "Du stillst noch?" oder warnen: "Dein Kind wird noch mit 10 Jahren bei Euch im Bett liegen!" Babytrainer haben das Bedürfnis, Eltern starre Vorgaben zu machen, um das Leben vermeintlich zu vereinfachen. Diejenigen, die sagen: "Du musst das Kind auch mal schreien lassen, es will Dich ja nur manipulieren!"
In dem Kapitel geht es darum, dass sich AP und jede Form von Training ausschließen. Sears berichtet aus seiner Praxis, wie sich das gezielte Nichtreagieren auf die Äußerung von Bedürfnissen auf die Kinder auswirken kann. Er geht auch darauf ein, wie man sinnvoll auf Vorschläge reagieren kann, ohne die Babytrainer (die ja auch mal Mutter oder Oma sind) vor den Kopf zu stoßen.
In dem Kapitel geht es darum, dass sich AP und jede Form von Training ausschließen. Sears berichtet aus seiner Praxis, wie sich das gezielte Nichtreagieren auf die Äußerung von Bedürfnissen auf die Kinder auswirken kann. Er geht auch darauf ein, wie man sinnvoll auf Vorschläge reagieren kann, ohne die Babytrainer (die ja auch mal Mutter oder Oma sind) vor den Kopf zu stoßen.
Arbeiten und verbunden bleiben
Auch wenn eine enge Bindung dazu führt, dass man als AP-praktizierende Mutter in der Regel in der ersten Zeit weniger gerne wieder die Berufstätigkeit aufnimmt, steht auch eine frühe Wiederaufnahme steht dem AP-Konzept nicht entgegen - wie man Berufstätigkeit und bedürfnisorientierte Erziehung vereinbaren kann, darauf wird in diesem Abschnitt des Buches näher eingegangen.
Attachment Parenting für Väter
Bis auf das Stillen können Väter im Grunde alle Instrumente des AP genauso gut nutzen, wie Mütter. Sears beschreibt in diesem Kapitel seine eigenen Erfahrungen - wie er die ersten Jahre seiner zwei ältesten Kinder im Grunde versäumt hat und wie ihn seine Tochter - ein 24-Stunden-Baby - zwang, seine Vaterrolle endlich wahrzunehmen. Es werden viele Tipps gegeben und Väter vor allem ermutigt, sich in den ersten Monaten und Jahren aktiv bei der Betreuung des Kindes einzubringen.
Attachment Parenting in besonderen Situationen
Mit "besonderen Situationen" sind Alleinerziehende, Eltern mit 24-Stunden-Babys, Mehrlinge, Adoptiveltern und Eltern mit kranken Kindern gemeint. Sears selbst hat ein Adoptivkind, ein Kind mit Down-Syndrom und ein Kind mit besonderen Bedürfnissen gehabt, so dass er Eltern ermutigen kann, auch bei diesen Kindern - oder viel mehr gerade gezielt bei diesen Kindern das Attachment Parenting zu praktizieren.
Attachment Parenting Erfahrungsberichte
Im letzten Kapitel des Buches kommen abschließend kurz einige AP praktizierende Eltern zu Wort, die in kurzen Berichten schildern, wie sie zum Attachment Parenting kamen und warum es für sie genau richtig ist.
Für wen ist dieses Buch besonders geeignet?
Ich kenne im Grunde nur zwei Personengruppen, die AP "praktizieren" - am häufigsten sind das Mütter, die selbst so aufgewachsen sind. Eine meiner Freundinnen hatte das Glück, dass ihre Mutter es selbstverständlich fand, ihr Kind lange zu stillen, bei ihm zu schlafen und es viel zu tragen. Für meine Freundin ist es vollkommen selbstverständlich, diese Erziehung nun auch zu leben. Es ist für sie Erziehung rein aus dem Bauch heraus - vollkommen natürlich. Sie braucht ein solches Buch natürlich nicht, weil sie AP einfach lebt, ohne groß darüber nachzudenken.
Manche Mütter sind - wie ich - eher auf Umwegen beim AP gelandet. Sie waren zunächst beeinflusst von ihrer eigenen Erziehung, die so gar nichts mit der bedürfnisorientierten Erziehung zu tun hatte. Ihr Umfeld unkte, dass man die Kinder nicht verwöhnen solle und dass Babys beizeiten aktiv erzogen werden müssten. Ich wünschte, ich hätte dieses Buch gelesen, als ich damals verzweifelt neben meinem nicht in seinem Bett schlafenden Schreikind gesessen habe. Auch wenn ich es heute wirklich nicht mehr nachvollziehen kann - mein Bauchgefühl hat mir eben nicht gesagt: Nimm das Kind hoch, es will einfach nur getragen werden. Nein - stattdessen dachte ich, ich müsse das Kind "an das Bett gewöhnen"...
Ich hatte beim Lesen des Buches häufig Tränen in den Augen (suboptimal im voll besetzten Zug) - weil ich immer wieder dachte: "Es ist soooo einfach, warum habe ich es denn bloß nicht geschafft, mein Baby so einfach glücklich zu machen?" Kurzum: Dieses Buch ist für alle diejenigen, die irgendwie fühlen, dass Tragen, Stillen und Familienbett eigentlich genau das richtige sind und die sich vom Umfeld etwas unter Rechtfertigungsdruck gesetzt fühlen. Oder für diejenigen, die ein unglückliches Baby haben und nicht recht wissen, wo das Problem liegt.
Wenn ihr dieses Buch gelesen habt, dann seid ihr sicher, dass Euer Bauchgefühl vollkommen richtig ist - und ihr habt die Möglichkeit, auf die Verwöhnargumente sachlich einzugehen. Ganz besonders empfehlenswert ist das Buch natürlich auch für Schwangere oder frische Mütter - es sei denn, sie sind sowieso schon vom AP überzeugt.
Für mich selbst hat das Buch nicht so viel Neues enthalten - aber einfach nur, weil ich mir das Wissen, das dort interessant und unterhaltsam aufbereitet ist, in harter Arbeit in den letzten Jahren zusammengelesen und -recherchiert habe.
Ich hatte beim Lesen des Buches häufig Tränen in den Augen (suboptimal im voll besetzten Zug) - weil ich immer wieder dachte: "Es ist soooo einfach, warum habe ich es denn bloß nicht geschafft, mein Baby so einfach glücklich zu machen?" Kurzum: Dieses Buch ist für alle diejenigen, die irgendwie fühlen, dass Tragen, Stillen und Familienbett eigentlich genau das richtige sind und die sich vom Umfeld etwas unter Rechtfertigungsdruck gesetzt fühlen. Oder für diejenigen, die ein unglückliches Baby haben und nicht recht wissen, wo das Problem liegt.
Wenn ihr dieses Buch gelesen habt, dann seid ihr sicher, dass Euer Bauchgefühl vollkommen richtig ist - und ihr habt die Möglichkeit, auf die Verwöhnargumente sachlich einzugehen. Ganz besonders empfehlenswert ist das Buch natürlich auch für Schwangere oder frische Mütter - es sei denn, sie sind sowieso schon vom AP überzeugt.
Für mich selbst hat das Buch nicht so viel Neues enthalten - aber einfach nur, weil ich mir das Wissen, das dort interessant und unterhaltsam aufbereitet ist, in harter Arbeit in den letzten Jahren zusammengelesen und -recherchiert habe.
Verlosung
Ich verlose wieder mein freundlicherweise vom tologo-Verlag zur Verfügung gestelltes Rezensionsexemplar. Wer das Buch gewinnen möchte, schreibt uns bitte einen Kommentar mit Angabe seiner E-Mail-Adresse. Dabei bitte das @-Zeichen durch das %-Zeichen ersetzen, dass E-Mail-Adressen-Suchroboter die Adresse nicht ausspähen und Euch zuspammen :-). Die Verlosung findet am 15. Oktober 2014 statt - der Gewinner wird dann per E-Mail benachrichtigt. Viel Glück!
Du willst nicht auf Dein Glück vertrauen uns so lange warten? Unseren Blog kann man übrigens unterstützen, wenn man das Buch (oder auch etwas anderes ;-) über diesen Link bestellt :-).
© Danielle
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