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Herr Ningel und Herr Nörgel am "Rockzipfel" |
Wenn man also das Gefühl hat, nirgendwo mehr hingehen zu können, ohne dass ein 8-Monats-Brocken einem am Bein hängt, ist plötzlich sonnenklar: Herr Ningel und Herr Nörgel sind zurück!
Dass mit dem achten Lebensmonat unserer Kinder das Fremdeln (die "Achtmonatsangst") beginnt hatten wir an anderer Stelle schon ausführlich erklärt. Mir fiel in dieser Zeit auch zum ersten Mal auf, dass meine Töchter im Schlaf eine Art "Albtraum" hatten - sie fingen an, nachts aufzuschreien und sich schlecht beruhigen zu lassen, manchmal wälzten sie sich unruhig wimmernd hin und her. Auch das Einschlafen gestaltete sich schwieriger als sonst - eine unserer Töchter weinte sich regelmäßig in den Schlaf. Nicht, weil wir sie allein ließen, sondern wirklich in unserem Arm im Familienbett. Ich vermute, dass sie sich den Stress von der Seele redete.
Das An- und Ausziehen glich in dieser Phase eher einem Nahkampf. Bei wirklich allem weinten meine Kinder. Wurden sie angezogen, war es ihnen nicht recht, wurden sie ausgezogen protestierten sie. Die Jacke anziehen zu müssen wurde als unzumutbare Einschränkung der Selbstbestimmung angesehen und jegliche Mützen, die nicht festgebunden werden konnten, wurden umgehend wieder vom Kopf befördert....
Wie lange dauert der Sprung?
Zwischen der 33. Woche und der 38. Woche kann dieser Sprung auftreten. Normalerweise dauert er vier Wochen, es können aber auch deutlich weniger oder ein paar mehr Wochen sein, je nach Kind. (vgl. van de Rijt, 2005: 24) Bei uns dauerte er ganz genau vier Wochen.
Welchen Reifeprozess macht das Baby durch?
Nach van de Rijt springen unsere Kinder nun in die Welt der "Kategorien". (vgl. ebd, 2005: 204ff). Im letzten Sprung lernten sie, "Zusammenhänge" herzustellen zwischen Dingen oder Personen. Das Kind merkt, dass es zu Mama und Papa dazugehört, weil es so aussieht, wie sie und sie imitieren kann. Nun kommt die Fähigkeit dazu, dieses Wissen in bestimmte "Schubladen" einzuordnen, d. h. mit dem Sprung in die Welt der Kategorien ordnet das Kind seine Umwelt. Es ordnet zum Beispiel in "Dinge, die ich mag" und "Dinge, die nicht mag". Es ordnet in "Menschen", "Tiere", "Gegenstände". Es ordnet alle Bälle in die Kategorie "Ball", egal, wie groß oder klein, bunt oder einfarbig sie sind. Es ist dabei auch unerheblich, ob der Ball nur in einem Buch zu sehen ist oder in Natura.
Es ist spannend, diese Einordnung bei Kindern nachvollziehen zu können, die in diesem Alter bereits mit den ersten Worten beginnen. Viele Mütter wundern sich, dass ihre Babys nicht nur sie, sondern alle anderen Frauen als "Mama" betiteln. Bei uns waren lange Zeit alle vierbeinigen Tiere "Wauwau". Diese Verallgemeinerung liegt nicht daran, dass unsere Kinder irgendwie "doof" sind - das Gegenteil ist der Fall. Sie zeigen uns, dass sie verstanden haben, dass alle Menschen, die aussehen wie Mama, in die Kategorie "Frau" fallen. Da sie meist das Wort "Frau" nicht kennen oder aussprechen können, betiteln sie ihre Kategorie schlicht mit der Bezeichnung "Mama". Meine Töchter wiederum benannten alle Frauen tatsächlich mit der Gebärde "Frau", da diese einfacher war, als unsere persönliche Gebärde für "Mama".
Bitte behaltet immer im Blick, dass unsere Kinder zwar nach diesem Sprung kognitiv in der Lage sind, in Kategorien einzuteilen, dies sich aber durchaus erst in ein paar Wochen oder gar Monaten äußern kann! Die Gebärde für "Frau" kam bei meinen Töchtern zum Beispiel erst mit 11 Monaten und auch das Wort "Mama" kommt nur sehr wenigen (sprachbegabten) Babys mit 8 Monaten über die Lippen!
Bitte behaltet immer im Blick, dass unsere Kinder zwar nach diesem Sprung kognitiv in der Lage sind, in Kategorien einzuteilen, dies sich aber durchaus erst in ein paar Wochen oder gar Monaten äußern kann! Die Gebärde für "Frau" kam bei meinen Töchtern zum Beispiel erst mit 11 Monaten und auch das Wort "Mama" kommt nur sehr wenigen (sprachbegabten) Babys mit 8 Monaten über die Lippen!
Es ist selbstverständlich, dass ein Baby nicht von heute auf morgen seine Umwelt kategorisieren kann. Es braucht dafür Zeit und vor allem die Möglichkeit, alles in Ruhe zu untersuchen. Es muss Menschen, Tiere und Gegenstände im Detail kennenlernen dürfen. Nur, wenn es durch Anfassen und Angucken das Objekt in alle seinen Facetten erfassen darf, kann es für sich selbst Kategorien erschaffen, in das es passt. Ist es weich? Schwer? Groß? Kalt? (vgl. ebd., 2005: 204f) Für ein Baby hat z.B. der Berliner Fernsehturm und ein Ball mehr gemeinsam, als wir uns denken können, wie meine Tochter mir mit 11 Monaten bewies. Sie gebärdete aufgeregt "Ball! Ball!", als wir zusammen am Fernstehturm vorbeiliefen und sie in der Manduca sitzend nach oben schaute und die Kugel des Turms erblickte. Sie hatte also den oberen Teil des Turms in die Kategorie "Ball" gesteckt und lag damit gar nicht so weit daneben. Das bedeutet aber für uns Eltern, dass wir unseren Kindern möglichst viel zugänglich machen sollten. Alles, was nicht lebensgefährlich ist oder kaputt gehen kann, sollten unsere Kinder anfassen dürfen, um unsere Welt im wahrsten Sinne des Wortes "erfassen" zu können.
Beliebte Spiele

Ein anderes Spiel, das ich ihnen in diesem Alter anbot, waren unsere Farbkisten. Ich hatte in einem Billigladen etwa A4 große Kisten in den Farben Rot, Grün, Blau, Gelb gekauft und einfach ins Kinderzimmer gestellt. Am Anfang war ich es, die, immer, wenn sie einen Gegenstand in einer der Farben gefunden hatte, diese in die entsprechende Kiste sortiert habe. Ein roter Ball kam in die rote Kiste, einer grüner Duplo-Stein in die grüne Kiste, das blaue Dreieckstuch in die blaue Kiste usw. Lange Zeit spielte ich das Spiel quasi allein, meine Kinder guckten nur verwundert zu. Nach ein paar Monaten (!) aber konnten sie - zögerlich zunächst - farbige Bausteine sortieren. Als nächstes kamen Wäscheklammern dazu und irgendwann hatten sie es dann wirklich verstanden und das halbe Kinderzimmer wurde in den Kisten versteckt. Vor allem wurden die Kisten übrigens dafür verwendet, selbst ein- und auszusteigen. Also achtet darauf, dass ihr standfeste Kisten bekommt.

Hinweis: Eure Kinder müssen in diesem Alter noch nicht selbständig sitzen können! Nur eine meiner Töchter tat das, die andere lag noch mit 11 Monaten fröhlich auf dem Bauch herum.
Das Buch
Wer mehr über diesen und weitere Entwicklungssprünge wissen möchte, dem sei das Buch "Oje ich wachse" von Hetty von de Rijt, Frans X. Plooij und Regine Brams aus dem Goldmann-Verlag ans Herz gelegt:
Hinweis: Dieser Blog-Artikel beruht ausschließlich auf dem obigen Buch von Hetty von de Rijt, Frans X. Plooij und Regine Brams, alle von mir referierten Inhalte sind darin wiederzufinden.
Weitere Entwicklungssprünge
Die anderen Entwicklungssprünge findest Du hier: