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Der Entwicklungsschub in der 26. Woche - Herr Ningel und Herr Nörgel klammern sich fest

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Herr Nörgel will nicht gewickelt werden
Um die 26. Lebenswoche herum (das entspricht einem Alter von 6 Monaten) merken wir Eltern wieder eine Veränderung im Verhalten unserer Babys. Besonders auffällig ist, dass unsere Kinder nun sehr stark beginnen zu klammern. Kaum geht die Mama einen Schritt zu weit weg, schon wird lauthals geweint oder zumindest gemotzt. Konnten wir früher zumindest mal kurz aus dem Zimmer gehen, wenn das Baby gerade anderweitig beschäftigt war, ist das heute kaum noch möglich.
 
Von fremden Menschen wollen sie nun gar nicht angefasst werden. Manchmal ist sogar schon das Angucken oder Ansprechen durch andere Leute zu viel und das Baby beginnt zu weinen. Leider passiert es, dass auch Papa nun angefremdelt wird, eine Erfahrung, die diesen ganz schön frustrieren kann. 
 
Am anstregendsten fand ich in diesem Entwicklungsprung das Schreien beim Wickeln. Ich durfte meine Töchter nicht mehr auf den Rücken auf die Wickelkommode legen - sie schrieen, als wäre die Unterlage mit Reißzwecken ausgelegt. Ich war schon richtig verzweifelt und dachte, sie hätten furchtbare Schmerzen. Als ich dann aber im Freundeskreis herumfragte, war es in dieser Zeit wirklich bei allen Kindern haargenau gleich. Keines wollte mehr gewickelt werden - und schon gar nicht auf dem Rücken. Ich lernte in dieser Zeit, das Kind auf dem Bauch liegend und in Rekordzeit zu wickeln. Beides kein Genuss, aber was muss, das muss. 

Das Klammern, Fremdeln und Wickeldrama kann für alle sehr, sehr anstregend sein, bedeutet aber nur eins: Herr Ningel und Herr Nörgel sind wieder da!
 
 

Wie lange dauert der Sprung?

 
 
Der Sprung dauert nach van de Rijt in etwa vier Wochen (van de Rijt, 2005: 24). Ab der 22. Woche kann es sein, dass das Baby anfängt, unruhiger und nörgeliger zu werden, normalerweise müsste der Sprung dann nach der 26. (aber auch bis zur 29.) Woche geschafft sein.
 
Bei uns war dieser Entwicklungsschub übrigens kaum zu spüren. Bis auf das extreme Klammern in der Zeit und dieses seltsame Wickel-Drama waren beide meiner Töchter weiterhin gut gelaunt.
 
 

Welchen Reifeprozess macht das Baby durch?

 
 
Nach van de Rijt sind Babys nach diesem Schub nun in der Lage, "Zusammenhänge" zu erkennen (van den Rijt, 2005: 158ff). Sie fangen an, zu verstehen, dass sich Objekte in einem bestimmten räumlichen Abstand zueinander befinden. Dieser bleibt entweder immer gleich - was ihnen Sicherheit vermittelt - oder er verändert sich (z.B. wenn die Mutter weggeht) - was sie ängstigt. Wird der Abstand zwischen Mama und Kind zu groß, weint das Kind, da es (noch) nichts dagegen tun kann. 
 
Einige wenige Kinder können in diesem Alter zwar schon hinterherkrabbeln, jedoch sind sie trotzdem nicht dem Tempo der Mutter gewachsen, d.h. sie kommen nicht schnell genug hinterher. Wenn es also die Kontrolle über den Abstand zu seiner geliebten Mama verloren hat, weint das Kind - ein probates Mittel, um die Mama wieder zurückzuholen und ein folgerichtig angewandter "Zusammenhang". Clever, oder (vgl. ebd, 2005: 158ff)?
 
Es ist nicht so, dass unsere Kinder uns mit diesem Weinen manipulieren wollen. Sie zeigen damit nur, dass sie in seelischer Not sind und getröstet werden wollen. Das Bindungsbedürfnis wird durch den zu großen Abstand zur Mutter aktiviert und kann nur durch Körperkontakt und Tösten gestillt werden. Es ist daher wichtig (u.a. für die Mutter-Kind-Bindung), dass wir Eltern auf dieses Weinen reagieren, zu dem Kind schnellstmöglich zurückkehren und es auf den Arm nehmen. 
 
Natürlich schafft man so rein gar nichts anderes. Ich fand das sehr frustrierend und einengend, dass ich so oft von meinen Töchtern gefordert wurde. Abhilfe hat auch hier meine Manduca geschaffen. Ich habe mir einfach ein Kind auf den Rücken geschnallt und schon konnte ich trotz Bindungsbedürfnis kochen oder putzen. Durch meine regelmäßigen Bewegungen ist es sogar oft dabei eingeschlafen.

Eine weitere kognitive Neuerung ist, dass unsere Babys nun verstehen können, dass eine Sache eine andere verursachen kann: Wenn ich den Becher loslasse, fällt er auf den Boden und es scheppert. Wenn ich auf diesen Knopf drücke, geht das Licht an. Wenn ich an diesem kleinen Rad drehe, wird die Musik laut. Wenn ich hier draufbeiße, ruft Mama laut "Aua!". (vgl. ebd, 2005: 159) Willkommen in der Welt des Ursache-Wirkungs-Prinzips! Dieses Prinzip ist wirklich ein Meilenstein und wird von den Babys auch ausgiebig, d.h. mehrere Monate lang, bearbeitet. Wir können und müssen uns also darauf einstellen, dass sie jetzt öfter mal den Löffel oder das Spielzeug fallen lassen, wenn sie im Hochstuhl sitzen und sich daran erfreuen, wie es fällt und wie es klirrt. Nicht darüber ärgern - einfach im Hinterkopf behalten, dass das Baby hier hochwissenschaftliche Grundideen verinnerlicht. 
 
Sollte es Dinge geben, die das Kind besser nicht eintausend Mal wiederholen soll (z.B. in die Brustwarze beißen), müssen die Eltern darauf achten, dass es auf die Ursache (Beißen) keine Wirkung ("Aua!") folgt. Sobald nichts passiert, wird das Spiel schnell langweilig, denn das Kind möchte unbedingt das Ursache-Wirkungs-Prinzip weiter verfolgen. Das kann es nicht, wenn keine Reaktion auf die Aktion folgt. Ich hatte das hier schon einmal ausführlich erklärt. 
Kisten ausräumen

Unsere Babys können nun auch Präpositionen verstehen. So sind sie in diesem Alter oft unglaublich lange damit beschäftigt, Kisten ein- und auszuräumen. Sie manövrieren die darin befindlichen Spielzeuge immer wieder neben, unter, hinter, vor, in oder auf die Kiste und freuen sich an neuen Raum-Lage-Erkenntnissen.

Des weiteren verstehen sie nun, dass Menschen, Dinge, Geräusche etc. zueinander gehören können. (vgl. ebd, 2005: 159). Mama und Papa gehören zusammen und es selbst auch irgendwie dazu. Zu dem schönen Plastikspielzeug gehört ein bestimmter Klingelton. Zu der Katze gehört der Katzenkorb. Zur Haustür gehört der Schlüssel und wenn man ein bestimmtes Schlüsselgeräusch hört, kommt Papa nach Hause. Es fällt unseren Kindern auch auf, wenn etwas nicht stimmt. Wenn zum Beispiel das Schlüsselgeräusch zu hören ist, aber dann plötzlich die Oma durch die Tür kommt ist das Baby überrascht. Manche freuen sich über ungewöhnliche Begebenheiten und lachen dann lauthals, andere sind verunsichert und weinen. (vgl. ebd, 2005: 160) Ich habe mir in der Zeit meine langen Haare sehr kurz schneiden lassen und musste daraufhin zwei schrecklich weinende Töchter trösten! 
 
 

Beliebte Spiele 

 
 
Unsere Kinder suchen sich in der Regel die Dinge selbst aus, die ihnen beim Weiterentwickeln der neuen Fähigkeiten helfen. Können sie in diesem Alter schon robben oder rollen, bewegen sie sich oft gezielt auf für sie interessante Spielzeuge zu. Das sind nicht immer die Sachen, die Mama und Papa ausgesucht hätten. Ich finde jedoch, man sollte - solange es nicht lebensgefährlich ist - die Vorlieben des Kindes berücksichtigen. Denn ein Kind ist umso motivierter, etwas intensiv zu erforschen, je interessanter es einen bestimmten Gegenstand findet. So war es bei uns beispielweise so, dass all die schönen, teueren Haba-Holz-Greiflinge, die wir zur Geburt geschenkt bekommen hatten, links liegen gelassen wurden und stattdessen voller Inbrunst eine alte (ausrangierte) Fernbedienung bespielt wurde. Ich musste lernen, von meinen Vorstellungen von "schönem" Spielzeug loszulassen und mit meinen Töchtern auf Entdeckungsreise gehen...
 
Neben besagter Fernbedienung stand in dem Alter bei uns hoch im Kurs, Schränke auszuräumen. Ich habe mir das zu nutze gemacht und habe in jedem Zimmer unserer Wohnung einen tiefliegenden Schrank frei geräumt und dort ungefährliche Alttagsgegenstände gelegt. In der Küche waren es diverse große und kleine Tupperschüsseln, BLANDA BLANK Schüsselchen, Holzlöffel, Schneebesen, gut verschlossene kleine Plastikflaschen mit Reis, Linsen oder Nudeln. Sehr beliebt war auch das ungebleichte Backpapier. Letzteres haben meine Kinder intensiv bespielt. Man kann Backpapier gut greifen, es zerknüllen, es einspeicheln (löst sich nicht auf), zerreißen etc. Auch eine kleine Gefriertüte mit kaltem Wasser gefüllt und dann fest zugeknotet ergab ein tolles Spielzeug. Die Tüte fühlt sich durch das Wasser sehr eigen an, meine Töchter befühlten ihre "Wasserbomben" sehr ausführlich und kühlten damit auch gern ihr Zahnfleisch. Nur wenn euer Baby zu diesem Zeitpunkt schon kleine Zähnchen hat, sollte man vielleicht auf dieses Spielzeug verzichten - sonst bohrt es ein Loch in die Tüte und ist irgendwann nass.
 
Diese Gegenstände wurden alle  ausgeräumt, untersucht, weggeworfen, vermisst, von Mama zurückgebracht, wieder weggeworfen, wieder vermisst, nochmal von Mama zurückgebracht, nochmal weggeworfen, von Mama nicht mehr gebracht und dann sich auf dem Bauch rückwärts schiebend selbst wieder erobert.
 
Auch "Flaschenbowling" (Danke, Ch. für den Tipp!) wurde gern gespielt: Mama stellt eine Reihe von leeren Plastikflaschen auf den Boden und Baby versucht unter vollem Körpereinsatz, diese umzuwerfen. Ob nun durch die eigenen Hände und Füße oder durch das Hinrollen oder -werfen von Gegenständen ist dabei egal - erlaubt ist, was Spaß bringt! 
 
Das einzige "richtige" Spielzeug, das in dieser Zeit bei uns wirklich beliebt war, war ein kleiner Hampelmann. Ich hatte ihn ganz tief an eine Schublade gehängt, so dass meine Töchter auf dem Bauch liegend an seiner Schnur ziehen konnten - sie liebten ihn! Das ist eigentlich auch nicht verwunderlich, macht er doch das Ursache-Wirkungs-Prinzip überdeutlich. Zieht man an der Schnur (Ursache), heben sich Arme und Beine (Wirkung). Sie freuten sich ein Loch in den Bauch, wenn das wieder und wieder klappte. Ich bin froh, dass ich den Hampelmann zufälligerweise zu diesem Zeitpunkt auf dem Flohmarkt gekauft hatte, denn eigentlich dachte ich, dass dieses Spielzeug erst viel später interessant wird. Mit heutiger Sicht muss ich aber sagen: Nie wieder war der Hampelmann für meine Töchter so interessant, wie mit 6 Monaten. Ich glaube deshalb, dass Hampelmänner allgemein den Kindern viel zu spät angeboten werden als Spielzeug und daher wenig bespielt werden. Er passt einfach haargenau in das Ursache-Wirkungs-Prinzip und hier sollte er auch angeboten werden. Mütter, gebt euren Kindern Hampelmänner!
 
 

Sehr passend dazu war auch das "Hampelmannlied", welches ich oft als Bewegungsspiel mit ihnen spielte bzw. immer dann anstimmte, wenn sie an der Schnur des Hampelmanns zogen.
 
 
Ich bin der kleine Hampelmann
der Arm und Bein bewegen kann,
mal links mh mh, mal rechts mh mh
mal auf mh mh, mal ab mh mh
und manchmal auch klipp-klapp.

Man hängt mich einfach an die Wand
und zieht an einem langen Band
mal links mh mh, mal rechts mh mh
mal auf mh mh, mal ab mh mh
und manchmal auch klipp-klapp.

Ich mache stets ein froh' Gesicht,
das Lachen, das vergeht mir nicht
mal links mh mh, mal rechts mh mh
mal auf mh mh, mal ab mh mh
und manchmal auch klipp-klapp.

 Mein Kopf' der ist so mued' und schwer
vom vielen Hampeln hin und her
mal links mh mh, mal rechts mh mh
mal auf mh mh, mal ab mh mh
und manchmal auch klipp-klapp.

Und kommt fuer mich die Schlafenszeit,
dann bin ich armer Mann befreit
vom Links mh mh, vom Rechts mh mh
vom Auf mh mh, vom Ab mh mh
und auch vom Klipp-klipp-klapp.
 
Beim Singen des Textes nimmt man Arme oder Beine des auf dem Rücken liegenden Kindes in die Hände und klappt sie im Takt nach außen und innen. Bei "mal links mh mh, mal rechts mh mh" werden die Arme oder Beine dann zusammen nach links oder rechts geführt, so dass das Baby ein wenig auf die entsprechende Seite rollt. Bei "mal auf mh mh, mal ab mh mh" entsprechend nach oben und unten und bei "und manchmal auch klipp-klapp" werden Hände oder Füße leicht zusammengeklatscht.

Im Video hört ihr die Melodie: 
 
 
 
 

Babysichere Wohnung

 
 
Da unsere Kinder nun mit dem Ursache-Wirkungs-Prinzip beschäftigt sind, stecken sie gern ihre Finger überall rein oder versuchen, Dinge auseinanderzunehmen. Jetzt ist es immens wichtig, die Wohnung zu sichern, denn es dauert nicht mehr lange, bis sie sich auf die eine oder andere Art fortbewegen! Alle Steckdosen brauchen unbedingt einen Steckdosenschutz, da diese besonders faszinierend auf Kinder wirken. Schnell sind da mal die kleinen Fingerchen reingesteckt oder es wird mit einem Gegenstand darin rumgepult. Auch große Pflanzen, die auf dem Boden stehen, sollten gesichert werden, da nicht nur Kisten gern ausgeräumt werden, sondern auch die Erde aus dem Blumentopf! Man kann da einfach einen Nylonstrumpf drüber spannen (mit Loch für Pflanze in der Mitte) oder auch ein Pflanzentopfgitter kaufen, welches in jedem Babymarkt erhältlich ist.
 
Hunde- oder Katzenfreßnäpfe müssen nun auch aus Babys Reichweite gebracht werden, es sei denn, es macht den Eltern nichts aus, wenn es von Bellos Essen probiert. Allerdings gehört das tierische Trockenfutter aufgrund seiner Größe zu den verschluckbaren Kleinteilen, die nicht in die Hände von unter Dreijährigen geraten dürfen. 
Auch bei Haushalts-Spielgegenständen muss gesichert sein, dass das Baby sie gefahrlos auseinandernehmen kann. Das bedeutet, dass die Fernbedienung selbstverständlich ohne Batterien angeboten werden sollte. Die Plastikflaschen mit Reis etc. müssen sehr gut geschlossen sein, wenn möglich sollte der Deckel mit (ungiftigem) Kleber verleimt werden.
Mülleimer, die leicht umgestoßen werden können aber nicht auskippen sollen (also jene, die nicht nur Papier enthalten), sollten so hingestellt werden, dass das Kind nicht heranreicht, da das Umwerfen von Dingen wie einem Bauklotzturm oder eben einem Mülleimer beliebte Spiele sind.
 
 

Das Buch

 
 
Wer mehr über diesen und weitere Entwicklungssprünge wissen möchte, dem sei das Buch "Oje ich wachse" von Hetty von de Rijt, Frans X. Plooij und Regine Brams aus dem Goldmann-Verlag ans Herz gelegt:
Hinweis: Dieser Blog-Artikel beruht ausschließlich auf dem obigen Buch von Hetty von de Rijt, Frans X. Plooij und Regine Brams, alle von mir referierten Inhalte sind darin wiederzufinden.

 
 

Weitere Entwicklungssprünge

 
 
Die anderen Entwicklungssprünge findest Du hier:
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