Etwa um die 5. Woche herum merken Mütter, dass sich ihre Babys irgendwie verändern. Die Babys sind unruhiger, schreien mehr, schlafen schlechter, wollen öfter an der Brust trinken und eigentlich den ganzen Tag auf Mamas Arm verbringen. Wehe, man legt sie ab! Dann fangen sie bitterlich an zu weinen und hören erst wieder auf, wenn Mama sie lange und intensiv bekuschelt hat.
Tadaa: Der erste Entwicklungssprung ist da und Herr Ningel und Herr Nörgel sind bei euch eingezogen!
Die Mütter
Für die Mütter sind diese Schreitage nicht nur unangenehm, sondern können sogar beängstigend sein. Was hat der kleine Sonnenschein denn bloß? Bisher lief es doch so gut? Warum helfen jetzt plötzlich nicht mehr die Strategien, die uns vier Wochen lang über Wasser gehalten haben?
Mütter befürchten oft, dass ihr Baby krank ist, wenn es so viel schreit. Am verbreitesten ist die Idee, das Baby leide plötzlich unter starken Blähungen und benähme sich deshalb so unleidlich. Viele suchen den Arzt auf, um abzuklären, ob das Baby eine Infekt hat (mein Rat: lieber einmal zu oft zum Arzt, als einmal zu wenig!), doch in den allermeisten Fällen hat das Kind rein gar nichts.
Die Babys
Das Baby ist gesund. Es macht jetzt jedoch einen Reifungsprozess im Gehirn durch, welcher das innere Gleichgewicht des Kindes etwas ins Wanken bringt. Das Baby merkt, dass etwas vor sich geht; etwas Neues, Fremdes geschieht in seinem Inneren und macht ihm - vermutlich, wir können es ja nicht fragen - Angst. Deshalb klammert es sich mit aller Macht an die Person, die ihm Schutz, Wärme und Sicherheit gibt: seine Mama.
Leider kann das Baby in diesem Alter noch nicht sagen, was es möchte, es kann auch nicht die Arme fordernd nach Mama ausstrecken. Die einzige Art und Weise, uns deutlich zu machen, dass es "aus der Fassung geraten" ist, ist Weinen in allen Variationen. Gequengel, Geningel, Genörgel, Gebrüll und Gekreisch begleiten uns nun die nächsten Tage und können sehr, sehr stark an den Nerven der Eltern zerren. Nur jedoch durch das auf sich Aufmerksam machen kann das Baby erreichen, dass es von der Mutter aufgenommen und eng getragen wird, um so ein wenig von dem seltsamen Gefühl im Körperinneren gelindert zu bekommen.
Die Mutter geht auf das Baby ein
Dein Kind braucht dich und fordert dich ein. Gib ihm, was es möchte - es versucht dich nicht zu manipulieren, dazu ist es noch gar nicht in der Lage.
Dein Baby hat einfach Angst. Diese Angst wird durch Nähe verringert. Am besten, du nimmst es ins Tragetuch, durch den beständigen Körperkontakt mit der Mutter, die Nähe und den Geruch werden viele Kinder sehr viel ruhiger. Füttere oder stille dein Kind nach Bedarf. Das Stillbedürfnis deines Babys kann jetzt durchaus außerhalb eures üblichen Stillrhythmus liegen.
Meine Töchter zum Beispiel tranken meist alle 2h an meiner Brust, in Sprungzeiten jedoch oft schon nach einer Stunde. Ich kenne auch Mütter, die etwa alle 15 Minuten für ein paar Schlückchen die "Milchbar" öffnen mussten, auch das liegt im normalen Rahmen. Und keine Angst: deine Milch reicht definitiv. Dein Baby will nicht primär öfter an die Brust, weil es hungert, sondern, weil das Saugen und deine Milch ("Mamas Geschmack") ihm Sicherheit verschafft. Deine Brust wird sich in kurzer Zeit auf den vermehrten Bedarf einstellen und mehr produzieren, wenn du dein Kind immer dann anlegst, wenn es danach verlangt.
In der Nacht sind die Babys besonders unruhig. Wenn dein Baby noch nicht bei dir schläft, kannst du versuchen, ihm auch die Nähe, die es braucht, in der Nacht zu geben. Im Beistellbettchen (oder direkt auf deiner Brust oder deinem Bauch) schläft es am ruhigsten. Allerdings ist "ruhig schlafen" in Sprungzeiten ein sehr relativer Begriff. Sagen wir es so: Dein Kind wacht weniger häufig auf, wenn es neben dir liegt, als wenn es in seinem eigenen Bettchen in seinem eigenen Zimmer schläft. Es kann aber trotzdem sein, dass es jede Stunde an die Brust möchte, so dass eurer Schlaf sehr gestückelt sein wird. Ich empfehle Stillen im Liegen (coming soon: Stillpositionen). Nach ein paar Wochen sind Mutter und Kind ein eingespieltes Team und das Stillen passiert im Halbschlaf, so dass man sich doch ein wenig im Schlaf erholen kann.
Wie lange dauert der Sprung?
Ungefähr eine Woche kann dieser erste Sprung dauern. Bei uns war er genau einen Tag lang - und ich war danach völlig fix und fertig. So etwas soll man mehrere Wochen durchstehen? Na, das kann ja heiter werden....
Welchen Reifeprozess macht das Baby durch?
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Herr Nörgel: jederzeit zum Nörgeln bereit |
Die Ärzte vermuten, dass der Entwicklungssprung der 5. Woche vor allem den Stoffwechsel, die inneren Organe und die Sinnesorgane betrifft. Babys überwinden oft ihre Verdauungsschwierigkeiten nach diesem Sprung. Das Baby beginnt, mit Tränen zu weinen (Stoffwechsel) und kann nun über eine weitere Distanz scharf gucken. Es ist deutlich mehr an seiner Umwelt interessiert und offen für neue Erfahrungen. Trotzdem kann es noch nicht so sehen, wie Erwachsene, was vor allem daran liegt, dass der Prozess des Sehens nicht allein von der Funktion der Augen abhängt, sondern auch durch das Abgleichen des Gesehenen mit vorhandenen Bildern im Gehirn erreicht wird. Da ein Baby bisher nur eine begrenzte Anzahl von Bildern im Gehirn gespeichert hat (z. B. das Gesicht der Mutter und des Vaters), kann es nicht alle Dinge erkennen, die man vor es hält. Klar, auch ein Blinder, der plötzlich sehen kann, weiß nicht, was das Ding vor seinen Augen ist, welches man ihm zeigt. Erst, wenn ihm erklärt wird, dass er einen Ball sieht, wird er beim nächsten Mal bei einem gleich oder ähnlich aussehenden Gegenstand einen Ball erkennen. Kein Wunder, dass unsere Babys nach diesem Sprung beginnen, uns anzulächeln, wenn sie uns sehen. Sie erkennen uns!
Dadurch, dass die Sinnesorgane unserer Babys nun empfänglicher sind, wird es unseren Kindern jetzt schnell zu viel des Guten. Wenn wir mit unseren Kindern spielen, schmusen oder ihm Dinge zeigen, sollten wir feinfühlig auf seine Signale achten (siehe auch: Bindung). Wird es unruhig oder grantig, dreht es seinen Kopf weg, starrt es Löcher in die Luft oder ähnliches bedeutet das, dass das Kind eine Auszeit möchte. Es braucht eine kurze Stimuli-Pause, um sein Gehirn auszuruhen. Dann ist es gut, wenn man es ins Tragetuch nimmt, oder so in den Arm nimmt, dass es eng bei der Mutter ist, aber keine weiteren Reize erhält. Schon nach kurzer Zeit ist das Baby wieder entspannt und kann sich auf neue Abenteuer einlassen.
Sprung geschafft?
Dass der Sprung geschafft ist, habe ich eigentlich immer sofort gemerkt. So urplötzlich meine Töchter ningelig, nörgelig und unleidlich wurden, so schnell verflüchtigte sich das dann auch wieder von einem auf den anderen Tag. Sie waren wieder fröhlicher, offener, wacher und interessierter. Sie zeigten außerdem meist (nicht immer sofort!) neue Fähigkeiten.
Nun ist die Zeit des Aufatmens und der Entspannung gekommen - genießt eure Babys! Der nächste Sprung steht schon vor der Tür...
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Baby 5 Wochen alt |
Das Buch
Wer mehr über diesen und weitere Entwicklungssprünge wissen möchte, dem sei das Buch "Oje ich wachse" von Hetty von de Rijt, Frans X. Plooij und Regine Brams aus dem Goldmann-Verlag ans Herz gelegt:
Hinweis: Dieser Blog-Artikel beruht ausschließlich auf dem obigen Buch von Hetty von de Rijt, Frans X. Plooij und Regine Brams, alle von mir referierten Inhalte sind darin wiederzufinden.
Weitere Entwicklungssprünge
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