Wasser ist für Kinder und Babys lebensgefährlich - über primäres und sekundäres Ertrinken

Ertrinken geschieht meist lautlos und wird häufig nicht erkannt!
Wenn man ans Ertrinken denkt, dann hat man Bilder von wild mit den Armen rudernden Menschen vor Augen, die verzweifelt schreien. Solche Situationen kommen durchaus vor, jedoch vergleichsweise selten. Menschen, die noch lärmen und mit den Armen fuchteln können, befinden sich in einer sogenannten Wassernotsituation. Zwar bedürfen sie natürlich auch sofortiger Hilfe, sie stehen jedoch noch nicht unmittelbar vor dem Ertrinken. Üblicherweise geht Ertrinkungsfällen keine Wassernotsituation voraus - sie geschehen lautlos und damit häufig unbemerkt.
In den meisten Fällen kommt es sofort zu einem instinktiven Notprogramm des Körpers, das ganz leise und oft bewegungsarm verläuft. Daher erkennen Menschen manchmal gar nicht, dass jemand gerade ertrinkt, obwohl sie direkt daneben stehen. Bei der Hälfte der ertrinkenden Kinder steht ein Elternteil nicht weiter als 20 m daneben - zehn Prozent der Eltern erkennen nicht einmal, dass ihr Kind gerade ertrinkt, obwohl sie direkt daneben stehen.
Wenn Kinder in einen kalten Pool oder ein eisiges Gewässer fallen, kann es passieren, dass sie sich so sehr erschrecken, dass das zu einer Überreizung der Nerven führt und der Körper in eine Bewusstlosigkeit (Affektkrampf) fällt. Üblicherweise unterbricht der Atemreflex diese nach kurzer Zeit - wenn sich das Kind dann im Wasser befindet, wird es dieses sofort einatmen und in aller Regel keine Bewegungen mehr machen. Von Eltern, die solche Vorfälle erlebt haben, wird immer wieder berichtet, dass das Ins-Wasser-Fallen wesentlich leiser vonstatten ging, als sie es vermutet hätten. Man erwartet, einen lauten Platsch zu hören, doch das Untertauchen geschieht oft fast vollkommen geräuscharm und damit unbemerkt.
In diesem Zusammenhang möchte ich gerne dieses Video der SLRG empfehlen (sehr emotional), das deutlich macht, dass auch für kleine Kinder geringe Wassermengen ausreichen, um darin zu ertrinken :
Wie läuft Ertrinken ab?
Primäres Ertrinken
Um das Funktionieren der Atmung sicher zu stellen, werden Körperfunktionen, die die Atemwege benötigen, quasi "ausgeschaltet". Im Atemnotprogramm ist sprechen daher unmöglich. Während des Ertrinkens ist der Mund zudem immer wieder unter Wasser. Taucht der Ertrinkende auf, nutzt er die kurze Zeit, um zu Atmen. Hilferufe sind daher normalerweise nicht zu hören, wenn der Körper schon im Überlebenskampf ist.
Beim Ertrinken streckt man die Arme üblicherweise instinktiv weit nach rechts und links um möglichst an der Wasseroberfläche zu bleiben. Für ein Winken oder Fuchteln mit den Armen müsste diese Position verlassen werden, daher unterbleibt dies in der Regel auch. Im instinktiven Überlebensprogramm kann der Ertrinkende auch nichts mehr aktiv zu seiner Rettung beitragen - er muss aus dem Wasser gezogen werden.
Einen Ertrinkenden erkennt man an folgenden Anzeichen:
- Der Kopf ist weit nach hinten geneigt und der Mund befindet sich in Höhe der Wasseroberfläche.
- Die Augen sind geschlossen oder glasig und leer.
- Haare hängen vor der Stirn und den Augen.
- Der Ertrinkende steht aufrecht im Wasser und bewegt die Beine nicht.
- Die Atmung ist beschleunigt, es wird nach Luft geschnappt.
- Der Ertrinkende versucht zu schwimmen, ohne vorwärts zu kommen oder versucht, sich auf den Rücken zu drehen.
- Manchmal sieht es so aus, als würde der Ertrinkende versuchen, eine Leiter, zu der er aufschaut, hinauf zu klettern.
Beobachtet man solche Anzeichen, bleiben in der Regel nur noch 20 bis 60 Sekunden, bevor der Ertrinkende endgültig untergeht. Er schafft, ungefähr eine Minute lang die Luft anzuhalten (Kinder eher kürzer), bevor ihn der Atemreflex zum Atmen zwingt. Dabei gelangt Wasser in die Lungen, was nach etwa zwei Minuten zu einem Zwerchfellzittern und einem Stimmritzenkrampf. Der Tod durch den Sauerstoffmangel tritt nach drei bis fünf Minuten ein.
Sekundäres Ertrinken
Das sekundäre Ertrinken tritt in der Regel nach "Fast-Badeunfällen" auf - dabei war das Kind für sehr kurze Zeit unter dem Wasser, es wurde aber sofort wieder an die Oberfläche geholt. Normalerweise erholen sich Kinder von diesem Schrecken recht schnell und man macht sich keine weiteren Gedanken.
Das - auch nur kurzzeitige - Einatmen der Flüssigkeit führt jedoch unter Umständen zu einer Lungen-Komplikation (spätes acute respiratory distress syndrome) oder einer Aspirationspneumonie (Lungenentzündung). Durch den Fremdstoff Wasser entzündet sich das Gewebe dabei in der Lunge und es bilden sich Wasseransammlungen (Ödeme). Werden diese nicht behandelt, kann das innerhalb von wenigen Stunden zum Tod führen.
In den meisten Fällen verursachen Beinahe-Badeunfälle das sekundäre Ertrinken. Aber auch bei Sprüngen in Wasser oder durch Wasserrutschen besteht die Gefahr, dass das Badewasser in die Lunge gelangt. Schon geringe Mengen können problematisch werden - vor allem bei jüngeren Kindern. Als Faustregel gilt: Kritisch wird es ab einer Menge von 2 ml je kg Körpergewicht, die eingeatmet werden.

Sollte sich also das Atmungsverhalten eines Kindes nach einem Fast-Badeunfall verändern, sollte man immer sofort die Rettungsstelle aufsuchen.
Trockenes Ertrinken
Dringt Wasser in die Lunge ein, gibt es einen natürlichen Reflex, der den Körper schützen soll. Durch einen Stimmritzenkrampf verschließen die Stimmbänder die Luftröhre und verhindern das eindringen weiteren Wassers. Das ist von Vorteil bei der Wiederbelebung, da weniger Wasser in die Lunge gerät und die Lungenbläschen den gespendeten Sauerstoff aus der Atemspende besser aufnehmen können. Wenn sich dieser Krampf allerdings nicht löst, dann erstickt die Person qualvoll - man spricht von sogenanntem "trockenen Ertrinken".
Nasses Ertrinken
Beim nassen Ertrinken unterscheidet man zwischen Ertrinken im Salzwasser und Ertrinken im Süßwasser.
Ertrinken im Meer
Besonders Problematisch ist das Ertrinken im Meer. Der Salzgehalt des Wassers ist höher, als der des Körpers. Gelangt also Salzwasser in die Lunge, ist der Körper bemüht, die Konzentrationsunterschiede auszugleichen, in dem er Wasser aus dem umliegenden Gewebe entzieht und damit das Salzwasser verdünnt (Osmose). Das führt dazu, dass zusätzlich körpereigenes Wasser in die Lunge gelangt und das Atmen zusätzlich erschwert. Das Blut wird zähflüssiger und transportiert den lebenswichtigen Sauerstoff entsprechend langsamer - außerdem beginnt es zu verklumpen.
Ertrinken im Süßwasser
Der Ausgleich des Salzgehaltes hat beim Einatmen von Süßwasser den Effekt, dass der Körper versucht, dieses entsprechend der Salzkonzentration im Körper anzupassen und drückt es in den Blutkreislauf. Durch die Zunahme des Blutvolumens können die Blutkörperchen platzen und durch den mit der Blutverdünnung einher gehenden Kaliummangel kann es zum Herzkammerflimmern kommen. Letzteres ist der Grund, warum die Überlebenschancen in Süßwasser geringer sind, als im Salzwasser.
Wiederbelebungsmaßnahmen
Ich habe bereits einen ausführlichen Artikel über die Wiederbelebung von Babys und Kindern geschrieben. Hier möchte ich auf die spezielle Situation beim Ertrinken eingehen. Wichtig ist zunächst zu wissen, dass man Kinder nach einem Badeunfall nicht an den Füßen mit dem Kopf nach unten halten und schütteln sollte - diese Praxis ist noch weit verbreitet und definitiv nicht dazu geeignet, das Wasser aus den Lungen zu bekommen.
Um zu prüfen, ob das Kind noch atmet, legt man ein Ohr dicht an Mund und Nase, der Blick ist dabei auf die Brust gerichtet. Es wird nun geprüft, ob Atemgeräusche zu hören oder ein leichter Luftzug zu spüren ist. Auch der Brustkorb wird beobachtet - er bewegt sich normalerweise beim Atmen auf und ab. Das ganze sollte jedoch maximal zehn Sekunden dauern.
Atmet das Kind nicht, wird sein Kopf (bei Kindern ab einem Jahr) leicht überstreckt und drei Mal beatmet. Der Beatmende holt ganz normal Luft (kein tiefes Einatmen!) und bläst ganz sanft für ein bis zwei Sekunden Luft in die Atemwege des Kindes, bis sich der Brustkorb sichtbar hebt. Die Nase des Kindes sollte dabei zugehalten werden. Je jünger das Kind ist, desto mehr Vorsicht ist geboten - zu viel Druck kann die Lunge beschädigen.
Atmet das Kind nicht, wird sein Kopf (bei Kindern ab einem Jahr) leicht überstreckt und drei Mal beatmet. Der Beatmende holt ganz normal Luft (kein tiefes Einatmen!) und bläst ganz sanft für ein bis zwei Sekunden Luft in die Atemwege des Kindes, bis sich der Brustkorb sichtbar hebt. Die Nase des Kindes sollte dabei zugehalten werden. Je jünger das Kind ist, desto mehr Vorsicht ist geboten - zu viel Druck kann die Lunge beschädigen.
Nach drei Atemspenden wird kontrolliert, ob die Atmung wieder eingesetzt hat. Ist das nicht der Fall, wird noch dreimal beatmet. Wenn auch die zweite Beatmung nicht erfolgreich ist, erfolgt sofort eine Herzdruckmassage. Während bei Erwachsenen sofort der Notarzt gerufen werden sollte, ist es bei Kindern besser, zunächst zu beatmen und eine Minute wiederzubeleben, wenn man alleine ist.
Für die Herzfruckmassage wird ein Handballen auf das untere Drittel der Mitte des Brustkorbes gelegt. Der Ballen der anderen Hand wird auf den Handrücken der anderen Hand gelegt. Beide Hände werden durchgestreckt und drücken den Brustkorb ca. 1/3 in Richtung Wirbelsäule - das sind bei Babys 2-3 cm, bei Kleinkindern etwa 4 cm. Man muss relativ schnell drücken - etwa zweimal in der Sekunde. Wenn man dabei im Kopf die Melodie von "Yellow submarine" hat, dann ist das die richtige Geschwindigkeit. Nach 30 Sekunden wird zweimal Atem gespendet.
Die Sauerstoffvorräte im Blut reichen eine Weile, so dass für einige Minuten auch eine reine Herzdruckmassage ausreichend wäre. Das wird für ungeübte Ersthelfer auch teilweise explizit so empfohlen - lieber eine regelmäßige ununterbrochene Herzmassage, als verwirrtes Wechseln zwischen Massage und Beatmung. Bevor man gar nichts macht, weil man vor Ehrfurcht erstarrt: Mache wenigstens die Herzmassage - sie allein steigert die Überlebenschancen schon enorm!
Das wird so lange fortgeführt, bis das Kind Lebenszeichen zeigt oder der Notarzt eintrifft. Wenn das Kind zu sich kommt, bevor der Arzt da ist, wird es in die stabile Seitenlage gebracht (siehe dazu auch der oben verlinkte Artikel) und Atmung und Bewusstsein ständig weiter überprüft.
© Danielle
Für die Herzfruckmassage wird ein Handballen auf das untere Drittel der Mitte des Brustkorbes gelegt. Der Ballen der anderen Hand wird auf den Handrücken der anderen Hand gelegt. Beide Hände werden durchgestreckt und drücken den Brustkorb ca. 1/3 in Richtung Wirbelsäule - das sind bei Babys 2-3 cm, bei Kleinkindern etwa 4 cm. Man muss relativ schnell drücken - etwa zweimal in der Sekunde. Wenn man dabei im Kopf die Melodie von "Yellow submarine" hat, dann ist das die richtige Geschwindigkeit. Nach 30 Sekunden wird zweimal Atem gespendet.
Die Sauerstoffvorräte im Blut reichen eine Weile, so dass für einige Minuten auch eine reine Herzdruckmassage ausreichend wäre. Das wird für ungeübte Ersthelfer auch teilweise explizit so empfohlen - lieber eine regelmäßige ununterbrochene Herzmassage, als verwirrtes Wechseln zwischen Massage und Beatmung. Bevor man gar nichts macht, weil man vor Ehrfurcht erstarrt: Mache wenigstens die Herzmassage - sie allein steigert die Überlebenschancen schon enorm!
Das wird so lange fortgeführt, bis das Kind Lebenszeichen zeigt oder der Notarzt eintrifft. Wenn das Kind zu sich kommt, bevor der Arzt da ist, wird es in die stabile Seitenlage gebracht (siehe dazu auch der oben verlinkte Artikel) und Atmung und Bewusstsein ständig weiter überprüft.
© Danielle